5. Montafoner Gipfeltreffen "Religion in den Bergen", 2021 in Schruns

5. Montafoner Gipfeltreffen Titelbild, Gipfelkreuz Piz Buin, Religion in den Bergen

© Montafoner Museen

Internationale Wissenschaftstagung im Montafon: "Religion in den Bergen"

Termin: 19. bis 23. Oktober 2021, Schruns - Sternensaal (Pfarrsaal)


Hybrid-Veranstaltung: Livestream youtube.com/MontafonerMuseen

Die Vorträge der Tagung können auf unserem YouTube-Kanal nachgesehen werden.

Leider müssen wir mitteilen, dass der langjähriger Tagungsteilnehmer Bert Fragner am 16. Dezember 2021 überraschend verstorben ist. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren. Nachruf von Robert Rollinger und Florian Schwarz.


Zum bereits fünften Mal findet die hochkarätige internationale Tagung "Montafoner Gipfeltreffen" im Montafon statt. Zahlreiche international renommierte Experten beschäftigen sich mit dem Thema "Religion in den Bergen", tauschen sich aus und schaffen nachhaltige Grundlagen - die Ergebnisse sollen als Publikation veröffentlicht werden.  

Aktuelles Programm:

Di, 19.10.

18-20 Uhr Eröffnung
Grußworte Harald Sonderegger (Land Vorarlberg), Jürgen Kuster (Stand Montafon), Oliver Jens Schmitt (Österreichische Akademie der Wissenschaften), Brigitte Truschnegg (Universität Innsbruck), Ulrike Tanzer (Universität Innsbruck), 

Wissenschaftliche Einleitung: Robert Rollinger (Universität Innsbruck), Josef Wiesehöfer (Universität Kiel)
Organisatorische Einleitung: Michael Kasper (Montafoner Museen)

Simone Paganini (RWTH Aachen): „Einmal heilig, immer heilig. Der Berg Zion in Jerusalem von der neolithischen Zeit bis in die Spätantike“ (key lecture)

Mi, 20.10.

9:00–9:45 Oliver Jens Schmitt (ÖAW, Wien): "Heilige Berge am Balkan"
9:45–10:30 Krzysztof Nawotka and Piotr Głogowski (Universität Wrocław/Breslau): "Women of Byblos, Adonis and Mount Lebanon"

11:00–11:45 Paulina Zagórska (Universität Wrocław/Breslau): "Seleucus' sacrifices on the mountaintops in Northern Syria"
11:45–12:30 Herbert Niehr (Universität Tübingen): „Ḫazzi - Ṣapūnu - Kasion. Einblicke in die Kultgeschichte des heiligen Berges Nordsyriens“

14:30–15:15 Prochazka Stephan (Universität Wien): „Berge in der islamischen Kosmologie“
15:15–16:00 Bert Fragner (ÖAW, Wien): „Von bösen Ketzern in Bergen und Schluchten: Die Polemik eines mittelalterlichen islamischen Staatsmannes gegen Häretiker“

16:30–17:15 Sonja John (HWR Berlin): „The Ethiopian Orthodox Church as Caretaker - Qusquam Mariam Church
17:15–18:00 Sebastian Fink (Universität Innsbruck): „Lugalbanda - der erste Bergheilige der Geschichte?“


Do, 21.10.

9:00–9:45 Nina Mazhjoo (Universität Wrocław/Breslau): "From the Platonic Cosmos to the Mountains of Persia"
9:45–10:30 Maria Six-Hohenbalken (ÖAW, Wien): „Religiöse Vielfalt in Gebirgsregionen. Performanzen und Transformationen in den kurdischen und yezidischen Gesellschaften“

11:00–11:45 Doris Kurella (Linden-Museum, Stuttgart): „Schamanismus bei den Mapuche, der größten indianischen Gruppe Chiles“
11:45–12:30 Orell Witthuhn (Universität Göttingen): „Der Amun vom Heiligen Berg“

14:30–15:15 Tilman Frasch (Manchester Metropolitan University): „Dhammapabbata. Berge und religioese Praxis im Theravada-Buddhismus“
15:15–16:00 Johannes Hahn (Universität Münster): "Die Christianisierung von Höhenheiligtümern im spätantiken römischen Orient"

16:30–17:15 Julian Degen (Universität Trier): Religion im Schatten des Olymps. Berge als sakrale Orte und Konnektivitätsfaktoren im argeadischen Makedonien
17:15–18:00 Kai Ruffing (Universität Kassel): „Iuppiter Poeninus. Göttliche Hilfe und die Nutzung des Großen St. Bernhards in der römischen Kaiserzeit“
18:00–18:45 Hubert Steiner (Amt für Bodendenkmäler, Bozen): „Brandopferplätze im Hochgebirge“

Fr, 22.10.

9:00–9:45 Alois Niederstätter (Dornbirn): „Die pfarrliche Erschließung der Gebirge in Vorarlberg“
9:45–10:30 Martina Sochin (Universität Zürich): „Totgeborene Kinder im Alpenraum“

11:00–11:45 Edith Hessenberger (Ötztaler Museen): "Von ganz alltäglichen Wundern. Alpine Mirakelbücher im 18. Jh. am Beispiel des Montafons und des Ötztals"
11:45–12:30 Florian Hitz (Institut für Kulturforschung Graubünden, Chur): „Ein Vorarlberger Priester als Reformator im Prättigau“

14:30–15:15 Jon Mathieu (Universität Luzern): "19 Gipfelkreuze für '19 Jahrhunderte Cristo Redentore': Der italienische Katholizismus auf dem Weg in die Berge"
15:15–16:00 Andreas Rudigier (vorarlberg museum, Bregenz): Anonyme Kunst im Dienst der Religion. Ein Beitrag zur alpenländischen Verwendung des Genre der Votivtafel“

16:30–17:15 Manfred Tschaikner (Vorarlberger Landesarchiv, Bregenz): Der Exorzist Johann Josef Gassner und die letzten Hexenprozesse im deutschsprachigen Raum
17:15–18:00 Harald Kofler (Sterzing): Die Täuferbewegung in den Bergbaurevieren des südlichen Wipptals“
18:00-18:45 Thomas Steppan (Universität Innsbruck): "Athos, der 'Heilige Berg'. Monastische Architektur im gestalterischen und ikonologischen Kontext einer sakral begriffenen Gebirgslandschaft"


Sa, 23.10.

9:00–9:45 Hilmar Klinkott (Universität Kiel): „Anahita, Artaxerxes und der achaimenidische Gipfelkult - Überlegungen zu einer Kultreform des Artaxerxes II.“
9:45–10:30 Peter Funke (Universität Münster): "Die Zukunft in den Bergen erfragen. Die griechischen Orakelstätten im 'felsigen' Delphi und im 'winterlich rauhen' Dodona

11:00–11:45 Miroslavo Salvini (Rom): „Berge und Götter in Urartu (IX.-VII: Jh v. Chr.)“
11:45–12:30 Christoph Michels (Universität Münster): „Von Pontos nach Kommagene. Dynastische Bergheiligtümer und iranisches Erbe“

14:30–15:15 Stefan Hauser (Universität Konstanz): „Performanz und Präsenz. Felsreliefs und Bergheiligtümer der Arsakidenzeit“
15:15–16:00 Friedrich Pöhl (Innsbruck): „Die mythisch-religiöse Relevanz der Black Hills für das kulturelle Bewusstsein der Lakota Sioux“

16:30–17:15 Touraj Daryaee (University of California, Irvine): "Arash, archer of the Iranians and the arrow from a mountain"
17:15–18:00 Erich Kistler, Thomas Dauth (Universität Innsbruck): "Das Heiligtum beim 'Aphrodite-Tempel' auf dem Monte Iato: Hirsch-Kult und Indigenität im Archaischen Westsizilien  (6./5. Jh. v. Chr.)"
18:00-18.45 Achim Lichtenberger (Universität Münster): "Der Olymp: Archäologie eines Götterbergs"


Tagungsbericht: Alexander Steiner, Clemens Steinwender

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Berge und Religion – in einer Region wie dem Montafon im Land Vorarlberg muss man diesen Zusammenhang sicher weniger erklären als etwa in Großstädten ohne Gebirgsbezug wie Berlin oder Amsterdam, wo tägliche Normalität und Leben in und mit den Bergen zwei völlig unterschiedlichen Erfahrungswelten (Alltag und Urlaub/Ausflug) angehören.

Dem Mitteleuropäer fremd dürfte die Vorstellung sein, dass Gebirge/Berge selbst als ‚heilig‘ gelten können, als Gottheiten oder, häufiger noch, als Wohnsitze von Göttern, Dämonen oder Geistwesen. Schicksalhafte Macht zugesprochen wurde oder wird dabei etwa Vulkanen (nicht nur wegen der Gefahr, die von ihnen ausgeht, sondern auch wegen der Fruchtbarkeit der Vulkanasche), Bergen, die wichtige Ressourcen wie Wasser oder Bodenschätze bergen oder gute Jagdgebiete darstellen sowie exponierten Wetterbergen oder Landmarken. Hinweise auf den Parnass als Musen- und den Olymp als Götterberg in Griechenland sowie auf den Fudschijama, einen Vulkan, an dessen Fuß und Hängen mehr als 1300 Schreine zu seiner Verehrung errichtet wurden, mögen hier genügen. Aus den verschiedensten Teilen der Welt sind explizite Berggötter bekannt, so etwa aus Europa Varianten des griechischen Zeus (etwa Zeus Kasios), aus den antiken Großreichen von Assur, Urartu und Hatti im Nahen Osten und nicht zuletzt auch aus China und Korea. Erwähnt werden sollte vielleicht aber auch, dass Berge auch als Wohnorte von Toten oder als magische oder verfluchte, von Dämonen bewohnte oder als Tanzplatz von Hexen imaginierte Orte (Brocken im Harz) gedacht werden konnten oder können. Im Übrigen behalten Heilige Berge ihren Status oft über sehr lange Zeiträume und verlieren ihn auch nicht, wenn Menschen einen religiösen oder kulturellen Wechsel vollziehen.

Gebirge und religiöse Performanz: Berge/Gebirge erfahren aber auch deshalb Verehrung, weil sie mit einem bestimmten Ereignis, etwa einer göttlichen Offenbarung bzw. Verlautbarung oder einer herausragenden religiösen Tat, verbunden werden. Dies ist etwa der Fall bei der Gottesoffenbarung am Berg Sinai oder der sog. Bergpredigt Jesu, die seine Botschaft vom Reich Gottes in prägnanter Form zusammenfasst. Auch am Tagungsort sind Gebirge und religiöse Performanz bis heute aufeinander bezogen: in Marterln und Kapellen auf lichten Höhen, in Pilgerfahrten oder Gottesdiensten auf Bergkämmen, in Votivgaben nach der glücklichen Bezwingung von Gipfeln, der Überquerung von Grenzen und Pässen, dem Überleben nach Bergstürzen, Lawinenabgängen und Dammbrüchen. Der Performanzaspekt hat auch, wie man sich leicht denken kann, eine universale und historische Dimension, denken wir etwa an die hellenistischen Gipfelheiligtümer der Kommagene in der heutigen Türkei, die entdeckten Votivgaben aus römischer Zeit vom Gr. St. Bernhard oder die Heiligtümer der Jesiden im Dschabal Sindschar, der erst vor einigen Jahren beim Überfall der IS-Verbände vielen von ihnen zur tödlichen Falle, anderen zur Rettungsinsel wurde.

Häufig wurden und werden heilige Berge auch markiert oder durch rituelle Zeichen, Gegenstände oder Gebäude gekennzeichnet. Jeder kennt die Gipfelkreuze, die bereits Ende des 13. Jh. vereinzelt auf Pässen und Anhöhen errichtet wurden, dann in Europa im Laufe der Jahrhunderte an Zahl immer mehr zunahmen sowie mit immer stärkerer Symbolik aufgeladen wurden und inzwischen in bestimmten Kreisen gar zu einem Politikum geworden sind. Bekannt sein dürften auch die Klausen der christlichen Eremiten und muslimischen Sufis, die aus Weltabgewandtheit und Gottesnähe religiöses Prestige schöpften.

Gebirge spielen auch eine wichtige Rolle in Mythen, Legenden und Märchen, denen allen eine religiöse oder quasi-religiöse Dimension eigen ist: Dies gilt für eine Figur wie den launischen Berggeist Rübezahl, der als Belohner und Bestrafer der Menschen im Riesengebirge auftritt; dies gilt weiterhin für den epischen Helden Gilgamesch, der mit seinem Freunde Enkidu im Libanongebirge in den Wald heiliger Zedern eindringt, den Wächter Humbaba tötet und damit den Zorn der Göttin Ischtar erregt. Dies gilt für den Berg Qaf der iranisch-mythischen Tradition, jenseits dessen das unendliche Nichts beginnt, für den Musa Dagh, dessen armenischen Verteidigern im Rahmen des Völkermords an den Armeniern Franz Werfel in seinem Roman „Die vierzig Tage des Musa Dagh“ ein literarisches Denkmal gesetzt hat. Dies gilt schließlich auch für die Helden des nicht unproblematischen Kriegsfilms „Berge in Flammen“ von Louis Trenker aus dem Jahre 1931. Schließlich sei auch erinnert an die zahllosen Wundererzählungen, die ihren Sitz im Leben im Gebirge besitzen, wie etwa die von der Versuchung Jesu am sog. Berg der Versuchung in der Nähe der Stadt Jericho im Westjordanland.

Das 5. Montafoner Gipfeltreffen spricht mit seinem Generalthema „Religion in den Bergen“ damit ein Thema an, das nicht nur höchst unterschiedliche Aspekte aufweist, sondern das auch weit über Vorarlberg und den Alpenraum, ja Europa hinausweist und zugleich höchst aktuell ist. Wie in den vergangenen Jahren wird es wieder Gelehrte unterschiedlichster Disziplinen und Interessen und eine interessierte Montafoner Öffentlichkeit zusammenführen und auf hohem wissenschaftlichem Niveau, zugleich aber auch auf verständliche Art und Weise Gegenstände behandeln, die mit der Landschaft und den Menschen des Montafons und Vorarlbergs eng verbunden sind.

Die Tagung ist öffentlich zugänglich. Eintritt frei

Tagungsort: Pfarrsaal (Sternensaal) Schruns, Jakob-Stemer-Weg 10

Registrierung: Das Registrierungsbüro befindet sich am Veranstaltungsort.
Ansonsten erhalten Sie im Montafoner Heimatmuseum, Kirchplatz 15, weitere Auskünte.

Kontakt: Michael Kasper, Sandra Kraft

info@montafoner-museen.at

Covid-Regelung: 

  • 3-G-Nachweis bei Betreten des Gebäudes
  • Kontaktdatenerfassung
  • FFP-2-Maskenpflicht für Ungeimpfte abseits des Sitzplatzes
  • ein Meter Sicherheitsabstand einhalten
  • Händehygiene beachten
  • Räume regelmäßig gut lüften

 

Tagungsorganisation:

Michael Kasper, Montafoner Museen, Schruns
Robert Rollinger, Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, Universität Innsbruck/Universität Wrocław
Andreas Rudigier, vorarlberg museum, Bregenz
Josef Wiesehöfer, Institut für Klassische Altertumskunde, Universität Kiel

unter Mitarbeit  des Forschungszentrums Ancient Worlds Studies and Archaeologies, Universität Innsbruck

Veranstalter/Institutionen:

Institut für Alte Geschichte und Altorientalistik, Universität Innsbruck
Montafoner Museen
Österreichische Akademie der Wissenschaften
vorarlberg museum

The conference is supported by a grant PPN/PRO/2020/1/00009/U/00001of the NAWA Chair 2020 Programme “From the Achaemenids to the Romans: Contextualizing empire and its longue-durée developments” and by a grant from the National Science Centre (Poland) 2021/01/1/HS3/00006.

 

Anreise Bahn/Bus:

ÖBB - Österreichische Bundesbahnen
Auskunft über alle europäischen Zugverbindungen und Fahrplan, inklusive Umsteigemöglichkeiten sowie Preisinfos für innerösterreichische Bahnfahrten finden Sie unter www.oebb.at.

MBS - Montafonerbahn Bludenz - Schruns
Bahnhof Bludenz - Montafonerbahn von Bludenz nach Schruns (ca. 20 min.), Frequenz ca. alle 30 min. (zu den Hauptzeiten). Informationen zu den Fahrzeiten und Fahrplan, Verbindungen und Dienstleistungen erhalten Sie unter www.montafonerbahn.at

Anreise PKW:

Aus Deutschland (D)
Pfändertunnel - Rheintalautobahn A14 - Ambergtunnel - Abfahrt Bludenz/Montafon - L 188 Montafoner Straße (Silvrettastraße).

Aus der Schweiz (CH)
Über Chur - Autobahn von Zürich/Chur - Abfahrt Gams – Fürstentum Liechtenstein (FL) - Feldkirch/Tisis - durch Feldkirch in Richtung Bludenz/Innsbruck - Walgau- autobahn A14 - Abfahrt Bludenz / Montafon - L 188 Montafoner Straße (Silvrettastraße).
Über St. Gallen- Autobahn von Zürich/St. Gallen - Ausfahrt Oberriet-Meiningen - Autobahn A 14 in Richtung Bludenz ab Auffahrt Rankweil - Ambergtunnel A14 - Abfahrt Bludenz/Montafon - L 188 Montafoner Straße (Silvrettastraße).

Aus Österreich (A)
Über den Arlberg - S 16 Arlbergschnellstraße in Richtung Bludenz - Abfahrt Bludenz/Montafon - L 188 Montafoner Straße (Silvrettastraße).

 

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  • Veröffentlicht: 01. Oktober 2021